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Kolik beim Pferd: Symptome erkennen & richtig handeln
Bauchschmerzen beim Pferd sind ein Notfall. Erfahre, wie du eine Kolik frühzeitig erkennst und im Ernstfall Leben rettest.
Veröffentlicht am 15. December 2024 • 6 Min. Lesezeit
Zuletzt aktualisiert: 15. December 2024

[!CAUTION] Kurz und knapp: Dieser Artikel ersetzt KEINEN Tierarzt. Wenn dein Pferd Kolik-Symptome zeigt, ruf SOFORT an. Lieber zehnmal falscher Alarm als einmal zu spät. Der Tierarzt wird’s dir nicht übelnehmen, versprochen.
Pferde können nicht sagen “Mir tut der Bauch weh”. Also zeigen sie es. Das Problem: Jedes Pferd zeigt’s anders. Manche drehen völlig am Rad, andere werden still und ziehen sich zurück. Hier die klassischen Anzeichen:
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Scharren mit den Vorderhufen – Das Pferd versucht quasi, den Schmerz “wegzugraben”. Sieht aus wie nervöses Tänzeln.
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Ständig zum Bauch gucken – Kopf dreht sich immer wieder zur Flanke. Als würde es sagen: “Hier! HIER tut’s weh!”
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Flehmen – Die Oberlippe wird hochgezogen, Zähne gefletscht. Bei Hengsten normal (die checken Stuten), bei anderen Pferden oft ein Schmerzzeichen.
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Hinlegen, aufstehen, hinlegen, aufstehen – Das Pferd findet keine Position, die nicht wehtut.
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Wälzen ohne Schütteln danach – Normales Wälzen: plumpsen, rollen, aufstehen, schütteln, fertig. Kolik-Wälzen: rollen, rollen, rollen, nicht aufstehen können oder wollen.
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Futterverweigerung – DAS ist bei Pferden ein Alarmzeichen. Wenn Napoleon (unser Vielfraß) sein Müsli stehen lässt, stimmt was nicht. Punkt.
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Kalter Schweiß – An Flanken oder Hals, ohne dass sich das Pferd bewegt hat. Richtig gruselig, wenn man’s zum ersten Mal sieht.
Bonus-Tipp: Vertrau deinem Bauchgefühl. Du kennst dein Pferd. Wenn irgendwas “off” ist – ruf an.
Okay, du hast den Verdacht. Jetzt ist Ruhe gefragt – auch wenn alles in dir schreit. Deine Panik überträgt sich aufs Pferd, und das braucht gerade niemand.
Das machst du SOFORT:
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Tierarzt anrufen. Nicht WhatsApp, nicht SMS – ANRUFEN. Beschreib, was du siehst: Puls, Temperatur (wenn du’s checken kannst), wie lange die Symptome schon da sind.
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Futter weg. Alles. Auch das Heu. Ich weiß, es fühlt sich gemein an, aber der Darm muss jetzt nicht noch arbeiten.
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Führen im Schritt. Wenn das Pferd stehen kann und will: langsam führen. Das regt die Darmtätigkeit an. NICHT traben oder galoppieren lassen!
Das alte “Bloß nicht wälzen lassen!”-Ding:
Früher hieß es: Um Gottes Willen, nicht wälzen lassen, da verdreht sich der Darm! Heute sagen die meisten Tierärzte: Wenn das Pferd sich wälzen WILL, lass es – aber an einem sicheren Ort (Sandplatz, Box mit viel Stroh). Bei starken Schmerzen verhindern kannst du’s eh nicht, und dabei verletzt sich eher noch wer.
Check die Vitalwerte (wenn du dich traust):
- Temperatur: Normal ist 37,5 - 38,2 °C
- Puls: Normal 28-40 Schläge/Minute
- Schleimhäute: Sollten rosa sein, nicht blass oder bläulich
Eine Kolik lässt sich nie zu 100% verhindern – manchmal ist es einfach Pech. Aber du kannst das Risiko MASSIV senken:
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Heu, Heu, Heu. Pferde sind Dauerfresser. Viel Raufutter, wenig Kraftfutter. Der Darm will beschäftigt sein.
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Wasser muss immer da sein. Klingt banal, ist aber der häufigste Auslöser für Verstopfungskoliken. Im Winter: Achte drauf, dass das Wasser nicht gefriert!
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Bewegung. Ein Pferd, das sich bewegt, hat einen Darm, der sich bewegt. 24/7 Box ist Gift.
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Kein Stress. Herdenwechsel, Turnierfahrten, neuer Stall – alles Stress. Und Stress schlägt auf den Magen. Buchstäblich.
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Futterumstellung LANGSAM. Neues Heu? Neues Kraftfutter? Immer über 1-2 Wochen einschleichen, nicht von heute auf morgen.
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KEIN Rasenschnitt. Nie. Niemals. Niente. Der gärt im Bauch und führt fast garantiert zur Kolik. (Mehr dazu: Warum man fremde Pferde nicht füttern sollte)
Zusammengefasst: Kolik ist ernst, aber kein Grund zur Panik, wenn du vorbereitet bist. Kenne die Symptome. Hab die Nummer vom Tierarzt eingespeichert (nicht googeln müssen um 3 Uhr nachts). Und im Zweifel: Lieber einmal zu viel anrufen als einmal zu wenig.
Die Infos in diesem Artikel basieren auf meiner Erfahrung als Pferdehalterin und Reittherapeutin sowie folgenden Fachquellen:
- Bundestierärztekammer: Merkblatt Kolik beim Pferd – Offizielle Empfehlungen zur Ersten Hilfe
- FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung): Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 4 – Haltung, Fütterung, Gesundheit
- Vetmeduni Vienna: Forschung zu Kolik-Prävention und Risikofaktoren
- Dr. med. vet. Helmut Ende: “Pferdekrankheiten” – Standardwerk zur Pferdegesundheit
Hinweis: Dieser Artikel dient der Information und ersetzt nicht die tierärztliche Beratung.


